Hast du dich schon einmal gefragt, ob du als kreativer Mensch in einer Behörde oder einem Unternehmen mit klaren Strukturen richtig aufgehoben bist? Ich schon – immer wieder. Denn ich arbeite seit einigen Jahren selbst in einer Behörde – sehr gern übrigens – und empfinde mich durchaus als kreativ.
Und nein, damit meine ich nicht, dass ich den Schreibtisch mit bunten Post-its beklebe oder in der Mittagspause Kunstwerke male. Kreativität ist für mich viel mehr als das: Sie zeigt sich in der Fähigkeit, Lösungen zu finden, Prozesse zu optimieren und vorhandene Strukturen flexibel zu nutzen. Aber passt das mit der oft als „starr“ empfundenen Arbeitswelt im öffentlichen Dienst oder in Großunternehmen zusammen?
Ich bin dieser Frage nachgegangen – inspiriert durch einen Impuls von Karrierecoach und Bestsellerautor Martin Wehrle und eine spannende Metapher von Silvia Chytil von Sinn.Voll.Anders.
Wenn das Bauchgefühl „Nein“ sagt – und du es trotzdem machst
Martin Wehrle betont in seinen Videos und seinem Podcast immer wieder, wie wichtig es ist, auf das eigene Bauchgefühl zu hören. Er berichtet von seiner Zeit in einer Behörde: Die Entscheidung, dorthin zu gehen, traf er aus rationalen Gründen – Sicherheit, gutes Gehalt, Beamtenstatus. Doch sein Bauchgefühl meldete sich immer wieder mit Zweifeln. Später erkannte er: Es war nicht der richtige Ort für ihn.
Und mit Sicherheit wäre er ohne seine Entscheidung, die Behörde zu verlassen, nicht zu dem bekannten Coach und Buchautor geworden, als der er heute bekannt ist. Also: alles richtig gemacht!
Ich konnte nicht anders, als darüber nachzudenken: Habe ich mich in meinem Arbeitsleben auch schon über mein Bauchgefühl hinweggesetzt? Hätte ich vielleicht manche Entscheidungen anders getroffen, wenn ich früher auf dieses leise, aber hartnäckige innere Signal gehört hätte? Wahrscheinlich schon.
Allerdings betrifft das vor allem die Jahre, in denen ich als Vollzeit-Selbstständige unterwegs war. In dieser Zeit war ich oft verunsichert und habe ständig auf andere gehört. Auf vermeintlich erfahrenere Personen und oft auch gegen mein eigenes Bauchgefühl. Schließlich wollte ich unbedingt erfolgreich sein …
Ich werde nie erfahren, wie es mir ergangen wäre, wenn ich zu dieser Zeit mehr auf meine eigene Intuition vertraut hätte. Und es ist heute auch nicht mehr wichtig. Lies dazu auch meinen Blogartikel:
Warum ich Sidepreneurin bin – und es auch bleiben will
Denn gleichzeitig stellte sich mir eine andere Frage: Bedeutet Wehrles Erfahrung automatisch, dass kreative Menschen in Behörden oder stark strukturierten Unternehmen nicht glücklich werden können? Oder gibt es einen Weg, Kreativität und Struktur miteinander zu verbinden?
Was bedeutet Kreativität eigentlich?
Oft wird Kreativität mit Kunst gleichgesetzt – mit Malen, Schreiben oder Musik. Aber Kreativität ist viel mehr als das. Sie zeigt sich auch in der Art, wie wir Probleme lösen, neue Wege finden oder Bestehendes verbessern.
Und genau hier liegt ein Denkfehler: Viele glauben, dass kreative Menschen nur in chaotischen, unkonventionellen Umfeldern aufblühen. Aber ist das wirklich so? Ich glaube, dass kreative Köpfe überall gefragt sind – gerade auch dort, wo Strukturen herrschen. Die Frage ist nur: Wie viel Freiraum brauchst du, um deine Kreativität auszuleben?
Bist du eine Biene oder ein Vogel?
Eine interessante Metapher ist mir kürzlich im Podcast Sinn.Voll.Anders begegnet. Silvia Chytil unterscheidet zwei Menschentypen:
🐝 Die Biene – Sie ist fleißig, arbeitet systematisch und folgt klaren Plänen. Strukturen geben ihr Halt und Sicherheit.
🕊️ Der Vogel – Er fliegt frei umher, sammelt Erfahrungen und baut erst am Ende des Jahres ein Nest, das er später wieder verlässt. Er braucht Unabhängigkeit, um sich entfalten zu können.
Übertragen auf das Arbeiten in Behörden oder Großunternehmen scheint es auf den ersten Blick so, als wären diese Orte nur für Bienen gemacht: Hier gibt es feste Abläufe, klare Vorgaben und oft wenig Spielraum für spontane Veränderungen.
Aber ist das wirklich so? Oder gibt es auch für kreative „Vögel“ einen Platz in diesem System?
Als kreativer Kopf in einer strukturierten Umgebung glücklich sein? Ja – wenn du weißt, wie.
Ich bin überzeugt: Auch kreative Menschen können in gut organisierten und strukturierten Unternehmen glücklich sein. Der Schlüssel liegt darin, die vorhandenen Strukturen nicht als Einschränkung, sondern als Rahmen zu betrachten – ein Rahmen, den man auf kreative Weise nutzen und mitgestalten kann.
Hier sind meine persönlichen Strategien, die auch dir helfen können, deiner Kreativität Raum zu geben:
✅ Strukturen als Basis nutzen – Anstatt gegen starre Abläufe zu kämpfen, kannst du sie als Ausgangspunkt für deine kreativen Ideen nehmen. Oft bieten gerade feste Rahmenbedingungen spannende Möglichkeiten für clevere Lösungen.
✅ Freiräume entdecken und nutzen – Auch in Behörden gibt es Nischen, in denen kreatives Denken gefragt ist. Vielleicht gibt es Projekte, an denen du mitarbeiten kannst? Oder Spielräume, die du geschickt für deine Ideen nutzt?
✅ Netzwerke bilden – Kreative Köpfe sind selten allein. Suche Gleichgesinnte in deinem Arbeitsumfeld, tausche dich aus und entwickelt gemeinsam neue Wege.
✅ Dich als „Brückenbauer“ sehen – Kreative Menschen können helfen, neue Perspektiven in bestehende Strukturen zu bringen. Vielleicht bist du genau die Person, die Innovationen in dein Unternehmen oder deine Behörde bringt?
Fazit: Kreativität braucht nicht immer Chaos – sie gedeiht auch mit Struktur
Am Ende kommt es auf den eigenen Blickwinkel an: Siehst du Strukturen als einengend – oder als eine Grundlage, auf der du dich entfalten kannst?
Sicherlich kommt es auch auf die Behörde oder das Unternehmen selbst an. Nicht jede Behörde oder Organisation “verträgt” besonders kreative Menschen – leider. Und nicht jeder kreative Mensch wird in einer Behörde glücklich. Aber das bedeutet nicht, dass es unmöglich ist. Vielmehr kommt es darauf an, wie du deine Kreativität definierst und ob du Wege findest, sie in dein Arbeitsumfeld zu integrieren.
Jetzt interessiert mich deine Meinung:
Arbeitest du in einer strukturierten Umgebung und fühlst dich trotzdem kreativ? Welche Strategien nutzt du, um Freiräume zu finden? Schreib es in die Kommentare – ich bin gespannt! 😊
Mehr Tipps, Ideen und Lifehacks für Vielbeschäftigte?
Komm jetzt in meinen Newsletter. Hier geht’s zur Anmeldung:

Interessant liebe Astrid,
nein, ich hab noch nie in einer Behörde gearbeitet, obwohl das immer der Wunsch von meinem – mittlerweile leider verstorbenen – Paps 😓 war. Es hat mich aber auch nie dahin gezogen. Und manchmal geht der eigene Berufsweg auch seltsame Wege. Ich bin als introvertierter Mensch tatsächlich im Vertrieb/Export Maschinenbau gelandet und hab da eine Entwicklung genommen, die nun wirklich nicht absehbar war.
Dadurch und durch den 2. Bildungsweg bin ich persönlich enorm gewachsen, hab Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein entwickelt und auch für eine längere Phase Zeitarbeit gemacht. Das haben die wenigsten in meinem Umfeld verstanden, dass das die Methode ist, mit der man viele verschiedene Arbeitgeber kennenlernen kannst, ohne dass es einem später negativ ausgelegt wird.
Da war ich also in großen, mittleren und kleinen Firmen beschäftigt und hab festgestellt, dass die großen eher nicht mein Fall sind, weil die Arbeit dort scheibchenweise aufgeteilt wird und ich gern den Überblick hab. Da wusste die eine Abteilung oft nicht, was die andere macht.
Doch, ich mag Struktur, die regelmäßig überprüft und auch angepasst wird. Aber oft fehlt in den Unternehmen der klare Blick, wann die Zeit dafür reif ist und dann heißt es, warum was ändern? Es läuft doch. Ja mag sein, aber die Frage ist doch, WIE es läuft. Die längst überholten Abläufe und Prozesse gehen auf Kosten der mentalen Gesundheit der Mitarbeiter, die mit erhöhtem Arbeitsaufwand die Sache am Laufen halten.
Deswegen sieht man ja heute auch einen stetigen Zuwachs an Menschen, die eben total genert, gestresst und überfordert sind und mehr und mehr Psycho-Therapeuten brauchen, die wir in der Zahl gar nicht haben und so wird sich das Problem in Zukunft noch verschärfen.
Ist mein Fachgebiet, deshalb könnt ich auch noch ewig darüber schreiben, aber damit belass ich es jetzt. Ich find es jedenfalls schön, dass du deinen Platz gefunden hast. Ich für meinen Teil hab jedoch nicht festgestellt, dass Kreativität – auch nicht, wenn es um Problemlösungskompetenz geht – gefragt wär. Leider!
Viele Grüße
Silvia
Wow, wie interessant, liebe Silvia!
Wahrscheinlich kommt es nicht auf das „wie groß“ und „wie strukturiert“ und auch nicht ob „öffentlicher Dienst, Mittelständler oder Großunternehmen“ an, sondern auf die Menschen, die diese Strukturen verantworten und mitgestalten. Ich glaube, da gibt es von allem etwas – überall.
Ich selbst habe in ungefähr 40 Berufsjahren auch schon die unterschiedlichsten Unternehmen von innen gesehen und kann vieles von dem, was du beschrieben hast, total bestätigen. Dennoch ist es mir meistens ganz gut gelungen, meine eigenen Freiräume zu leben. Und wenn nicht – ich wusste immer, dass ich selbst entscheiden kann, wo und unter welchen Bedingungen ich arbeiten möchte.
Ich glaube (und hoffe) aber auch, dass sich der Zeitgeist geändert hat und solche Strukturen, wie du sie schilderst, weiter zurückgehen werden. Aber wer weiß?
Danke, dass du deine Erfahrungen hier geteilt hast.
Viele Grüße
Astrid
Ui, spannendes Thema! Ich bin und war in verschiedenen großen Organisationen, auch Behörden. Vielleicht liegt es an der Projektarbeit, aber oft finde ich, fehlt sogar Struktur 😅
Damit meine ich natürlich nicht das Über-Regulieren von Details, sondern einen Rahmen, der nicht zu eng, aber klar definiert, kommuniziert und zielgerichtet ist.
Projekte bieten, finde ich, eine gute Umgebung für Scanner – und die gibt es auch in Behörden genug 🙂
Danke, liebe Martina,
Organisation und Struktur ist ja tatsächlich ein mega Thema. Wie gelingt es, einen Rahmen zu schaffen, der für klare, effiziente und effektive Abläufe sorgt, und dennoch den einzelnen Akteuren den Spielraum bietet, den sie benötigen? Das ist schon für kleine Organisationen nicht einfach (angefangen beim 1-Personen-Unternehmen) und je größer es wird, umso mehr. Und die persönlichen Befindlichkeiten der Beteiligten machen es nicht einfacher – egal wo – das darf man auch nicht vernachlässigen.
Ich muss seit Veröffentlichen des Beitrags immer wieder über das Thema nachdenken. Ich glaube, ich habe auch jede meiner Festanstellungen immer wie ein „Projekt“ gesehen. Ein Projekt, in das ich ganz bewusst einen Teil meiner Lebenszeit investiere, das aber nicht „mein Leben“ ist. Immer mit dem Wissen, dass ich gehen kann (und werde), wenn es mir nicht gefällt. Und immer mit der Frage im Hinterkopf: Mache ich das wirklich gern? Investiere ich hier gern meine Zeit und meine Energie? Stimmt für mich der ROI?
Ich glaube, mit diesem emotionalen Abstand kann ich auch ganz gut mit Gegebenheiten umgehen, die vielleicht nicht ganz so laufen, wie ich sie mir wünschen würde. Obwohl … aktuell gibt es nicht einmal die …
Liebe Grüße
Astrid